Rückkehr nach Hause. ❤


« diese zwei Wochen Quarantäne in Arequipa waren ganz okay und lustig – das Gefühl, nach Hause zu wollen aber nicht zu dürfen, war jedoch grausam! »

Quarantäne
Wie bereits im letzten Blog erwähnt, hatten wir mehr oder weniger Glück im Unglück mit unserem Quarantäneort. Die Wild Rover Hostel-Crew hatte mit den Gästen zusammen diverse Unterhaltungen wie Filmnachmittage, Tournaments (Jenga, Beer-Pong, Billiard, …), Fitness-Stunden, Koch-/Cocktail-/Spanischunterricht usw. organisiert. Durch dies gab es für alle mehr oder weniger eine Struktur in den Tag.

unser Quarantäne-Team.

mein Frühstück am St. Patricks Day (irischer Feiertag).

Kinonachmittag im Hostel.

wanna play pool?

funny evenings with aussies!

Ceviche-Class.

alle mit dem Shot "Babyguinness".

etwas gegen die Faulheit...

Regelverschärfungen in Arequipa.

Wie ein Quarantäne-Tag bei uns normalerweise ausgesehen hat? Meistens am Morgen hatten wir sonniges Wetter, deshalb haben wir die Zeit nach dem Frühstück oft im und um den Pool genossen. Jeden zweiten Tag gab es eine Fitness-Stunde – viele telefonierten mit Zuhause oder den Kollegen vom Heimatort. Für alle war diese Quarantäne mit Ausgangssperre ein komisches Gefühl. Das Verlassen des Hauses musste begründbar sein, da die Polizei / das Militär viele angehalten und nach dem Vorhaben gefragt haben – einzige plausible Gründe: Esswaren einkaufen, medizinische Versorgung, ATM. Zusätzlich durfte das Haus auch nur mit einer Schutzmaske verlassen werden. Am Nachmittag ging jeder seinen eigenen Interessen nach; Einkaufen (beim Zurückkommen wurde das gekaufte Essen usw. von der Hostel-Crew desinfiziert), Spanisch lernen, sonnenbaden, Spiele machen, Billiard spielen, … am frühen Abend verlegten sich oft alle zur Bar und begannen zu trinken. Ganz ehrlich, dies war für alle «erleichternd», da es für niemanden wirklich toll/sorglos war und alle nach Hause wollten (aber nicht durften). Zusammen aber erlebten wir ehrlichgesagt doch zwei tolle, witzige und lehrreiche Wochen «Partyferien»!


Schweizer Botschaft
Die meisten ausländischen Crewmitglieder sowie auch alle Touristen setzten sich nach Entschluss des peruanischen Präsidenten, die Grenzen für 15 Tagen komplett zu schliessen (was dann später auf 30 Tage verlängert wurde), mit der Botschaft in Verbindung – eine selbstständige Ausreise war nicht mehr möglich. Am Telefon erklärte mir die Botschafterin, dass ich auf «eine Liste» gesetzt werde und somit bei Neuigkeiten informiert werde – zu diesem Zeitpunkt war noch nicht bekannt, was ihre oder meine nächsten Schritte sein werden.

Je nach Land, gingen die Botschaften anders vor. Von teils Ländern bekamen meine Kameraden die Devise «genügend Essen kaufen und abwarten, wir können nichts machen.» andere haben jeden Tag eine Mail ohne neue / nützliche Informationen bekommen. Die Schweizer Botschaft hatte zwar eine Weile, bis sie sich das erste Mal gemeldet hatte – doch ihre e-Mails hatten immer Hand und Fuss. Oft wussten die Schweizer in der Schweiz die Infos (z.B. von den Repatriierungsflügen Lima-Zürich) vor den Schweizern in Peru – doch diese Infos waren nicht immer der Realität entsprechend.

Von der Botschaft bekam ich total fünf e-Mails; 1. zu beachtende Informationen und Verbote in Peru, 2. zu unterschreibende Dokumente für rückreisewillige Schweizer, 3. Bestätigung, dass ich nun auf der Passagierliste für eine mögliche Rückreise bin sowie die Erläuterung ihres geplanten Vorgehens, 4. Info, dass ich nicht auf den ersten Flug gehen darf, 5. (28.03.2020) Treffpunkt und Vorgehen für die effektive Heimreise am 29.03.2020 Arequipa-Lima-Zürich. Die Mails hatten nie versprochen, dass es mit der Ausreise effektiv klappen wird – so hat uns die Botschaft also nie falsche Hoffnungen gemacht. Sie konnten ihre «Rechte» effektiv nicht über die peruanische Regierung stellen. Ich fühlte mich im Gegensatz zu anderen Schweizern in Peru nicht von der Botschaft im Stich gelassen – im Gegenteil. Alles wurde unbürokratisch und so schnell wie möglich organisiert – ging es einmal lange, dann hing etwas beim peruanischen Government. Die Schweizer Botschaft, das EDA und die edelweiss haben alle zusammen eine super Arbeit geleistet – Danke!



Rückkehr nach Hause
Am Sonntag wurde ein lang ersehnter Wunsch war und ich konnte meine Koffer für die Abreise packen. Kurz vor 16.00h verlies ich mit meinem Gepäck, einem Mundschutz und Handschuhe das Hostel. Nach keinen zehn Minuten wurde ich wie erwartet vom Militär aufgehalten. Fünf Männer - schwer bewaffnet. Sie haben meinen Pass sowie das Dokument von meiner Botschaft, welches mir das einmalige Reisen vom Quarantäneort zum Treffpunkt erlaubt, ganz genau unter die Lupe genommen. War ich diese fünf Männer wieder los, musste ich gut eine Dreiviertelstunde zum Treffpunkt laufen. Wieso laufen? Naja, wir hatten in Peru effektiv den kompletten Lockdown: keine Busse, keine Taxis, keine Uber. Am angenommenen Treffpunkt sah ich einen Mann mit Koffer…er kam auf mich zu: «Schwiizerin?». Ich fiel ihm gleich um den Hals - endlich Schweizerdeutsch und nicht mehr die einzige Schweizerin! Wir begaben uns zum Treffpunkt und mussten uns anschliessend beim Schweizer Botschafter vor Ort registrieren. Wir bekamen ein Blatt (Einverständniserklärung) mit einem Botschaftsstempel darauf – dieses Dokument war nun unser Ticket für Bus, Hotel und Flug.

mein Ticket.

Auf jedem Sitz im Car befanden sich zwei Säcke; ein Fresspäckli mit Wasser und im anderen WC-Papier sowie Desinfektionsmittel. Mit einer kleinen Verspätung verliessen wir als Konvoi (Botschaftsauto mit allen Bewilligungen und dem Botschafter darin + zwei Busse mit Touristen) die Stadt Arequipa und fuhren nach Nazca, wo wir die nächsten Schweizer aufgeladen haben. Wir wurden gebeten, die Schutzmasken im Car stets griffbereit zu halten – im Falle uns die Polizei aufhielt, müssten wir die Maske schnellst möglichst aufsetzten um ihnen keinen Grund zu geben, uns festzuhalten zu können. Nach Nazca gingen wir nach Huacachina/Ica, Paracas, Pisco und Chincha um die beiden Busse mit rückreisewilligen Schweizer zu füllen. Wir durften nicht an allen Haltestellen aussteigen, da das Ausgangsverbot (auch aus dem Car) landesweit galt und die Polizei überall vor Ort war.

"Aufladestelle" Paracas.

--> Pazifik!

Der Botschaftswagen musste auf halber Strecke umkehren, da es beim Schweizerbuskonvoi Cuzco-Lima einen Unfall gab. Der verunfallte Bus war nicht mehr fahrtauglich, sie benötigten Unterstützung. Die beiden Busfahrer des verunglückten Busses sowie zwei Österreicher (welche auch auf diesem Car waren) wurden schwer verletzt und in ein lokales Spital gebracht. Der Österreicherin begegnete ich übrigens am Folgetag noch, sie hatte die Nase gebrochen, den Arm in der Schlinge und ein «unbekanntes Problem» am Nacken. Ihr Freund hatte eine Platzwunde am Kopf und musste genäht werden. Sie wurden dann am Zürich Flughafen von der österreichischen Ambulanz abgeholt. Es war (leider) spannend, die Fakten zusammen mit den Medien zu vergleichen – während der ganzen Quarantänezeit/Rückholaktion gab es immer wieder «Unstimmigkeiten» zwischen den Tatsachen und den Medien. Anyway, Montagabend: Ankunft in Lima. Wir wurden im Estelar Miraflores ***Hotel untergebracht. Wir kamen rechtzeitig in unserem schönen Zimmer im 20igsten Stock an, um hinter Miraflores den Sonnenuntergang auf dem Pazifik zu sehen – einfach WOW!

...awesome! 🤩

Das Abendessen sowie das Frühstück wurden super von der Botschaft organisiert. Es war für alle Hotelgäste (= alle Schweizer) ein komisches Gefühl – alle konntest du mit «Grüezi» ansprechen, es fühlte sich wirklich an wie eine grosse Reisegruppe. Am nächsten Morgen wurden alle Hotelgäste in ca. neun Busse verteilt und im Konvoi zum Militärflughafen Lima befördert. Pro Tag gingen ab diesem Flughafen zwei Repatriierungsflüge. Ab hier wurde Car für Car «abgefertigt». Zuerst mussten wir in ein Zelt mit Stühlen gehen und unser Gepäck in den Gang legen. Dieses wurde nur von einem Drogenspürhund abgeschnüffelt – es gab keine weiteren Kontrollen, keine. Es wäre also theoretisch möglich gewesen, zwei Liter Wasser und ein Sackmesser im Handgepäck mitzuführen oder am Körper zu tragen. Doch die Gedanken drehten sich bei allen nur noch ums nach Hause kommen. Das zeigt mal wieder, wie schnell unter Umständen «so wichtige Kontrollen» so unwichtig werden können… Car für Car wurden die Gepäcke also beschnüffelt – den Reisenden wurde der Ausreisestempel in den Pass gedrückt und danach ging es wieder in den Bus. Waren alle Busse durch, ging es im Konvoi zum Flugzeug. Dieses wurde wiederum Bus um Bus geboardet. Wir hatten keinen festen Sitzplatz – mussten nur das Flugzeug von hinten nach vorne befüllen. Noch vor dem Abflug applaudierten alle Insassen für die Arbeit der Botschaft. Einige bekamen Tränen, da sie es nicht glauben konnten, endlich in einem Flugzeug zurück in die Schweiz zu sitzen. Auf diesem 12h-Flug gab es Verpflegungen und Getränke wie in einem normalen Flug.

Frühstück mit Ausblick auf den Pazifik am Abreisetag.

Konvoi.

immer positiv denken! 😊

"Gate" & Gepäckkontrolle.

Boarding.

Ankunft am Zürich Flughafen. Endlich! Alle applaudierten. Auf Schweizer Grund – ich konnte es kaum glauben. Das Flugzeug zu verlassen war leider nicht gleich möglich, da wir auf das Ok vom Flughafen warten mussten. Nach einer halben Stunde durften wir (immer nur zwei Reihen miteinander) uns dann zur Gepäckausgabe begeben – danach ging es zum Ausgang. Ich sah meine Familie und fiel ihnen weinend in die Arme. Es war überwältigend! Nach zwei Wochen nach Hause zu wollen aber nicht zu können...nicht auf den ersten Repatriierungsflug zu dürfen und immer mit der Ungewissheit, nicht wissen ob ich innert dem nächsten Monat effektiv nach Hause kann oder nicht, einzuschlafen, war energieraubend – gefolgt von einer strengen Viertagesreise. Ich war nur noch froh, endlich in der Schweiz angekommen zu sein und meine Familie zu sehen. Es war so schön, waren wir alle sechs wieder vereint - ich war überglücklich!!

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