erstes Wochenende (& Kirchenbesuch).

》 wenig am Samstag, 6h Gottesdienst am Sonntag - es war ein african way of life Wochenende. 《

Die Hitzewelle vom Freitag war auch den ganzen Samstag über noch deutlich zu spüren. Aufgrund dessen, dass wir kein Auto hatten und es zu heiss war um nur ins Dorf zu gehen, blieben wir Zuhause. Den ganzen Tag über lagen wir wie tote Fliegen vor dem Fernseher, assen zwischendurch etwas und putzten am Abend das Haus. Ja, ich hätte gerne etwas unternommen an diesem Samstag (ihr kennt mich ja)...aber ohne Auto ist das hier gar nicht so einfach. Andererseits wollte ich aber auch den african way of life erleben - was ich somit tat, da hier das Filmeschauen und das Essen vor den Fernseher keine Seltenheit ist.

mein Schutz gegen die Moskitos.

Am Sonntag bin ich mit Regengeräuschen aufgewacht. Hier ist Sonntag für viele der Tag für Gott. Somit war Kirche angesagt. Wie ihr wisst, bin ich selbst nicht gläubisch - wollte aber einmal einen afrikanischen Gottesdienst sehen und kann euch sagen, es war sehr spannend und komplett anders als in der Schweiz! So gingen Cassie, ihre Mutter und ich auf 11.00h in die Kirche. Zur faktischen Lagebeschreibung: es waren ca. 200 Leute im Raum (zu vergleichen mit einer Scheune bei uns), in den ersten beiden Reihen nur chic angezogene Männer, danach herausgeputzte Frauen und Kinder. Auf der Bühne drei Musiker und fünf junge Backgroundsängerinnen. Neben der Bühne eine Sängerin mit zwei Tänzerinnen an der Seite. Überall verteilt waren ca. zwölf Leute mit Tücher, als Prayerscare quasi. Ihr merkt später, für was diese sind.

Bolognaise in der christlichen Kirche.

Zum Gottesdienst: als der Pastor mit zwei Aufpasser an der Seite von hinten nach vorne lief, drehten sich alle um und knieten auf den Boden vor den eigenen Stuhl, es war das erste Mal still. Dann begann der Pastor mit seinen Reden und begrüsste mich als Weisse und Gast noch persönlich. Begleitet wurden seine Worte mit Musik und unterbrochen von Lieder. Dann ging jeweils die Post ab! Die Texte konnten die Leute komplett auswändig, tanzten wie wild dazu, machten Bolognesen, schwangen Tücher und Kleidungsstücke wie Lassos um sich herum, ... dann wieder einen Teil vom Pastor und so nahm dies seinen Lauf. Der nächste Teil war Auszeichnungen aushändigen (jeweils nur am Gottesdienst vor Weihnachten) - wobei er mich nach vorne bat. So hatte ich ca. 20 Certificates (meist besuchte Gottesdienste, beste Hilfe bei den Vorbereitungen, schönste Musikbegleitung, ...) verteilt und musste danach noch bei jedem einzeln mit aufs Foto. Folgend war die Übergabe der Medaillen und zuletzt dann von dem Trophäen. Nach gut einer Stunde konnte ich dann wieder an meinen Platz zurück.

bei der Übergabe an eine Tante von Cassie.

Es wurden wieder Teile von der Bibel zitiert usw. Danach hatten alle Öl ausgepackt und dies in die Hand gesprayt - auf Kommando des Pastors fassten wir mit der öligen Hand danach auf die Stirn, rund zwei Minuten lang, dazu wurde gebetet. Einige spürten irgend eine innere Kraft so sehr, dass sie zu zittern, schreien, intensives klatschen oder umfliegen mutierten - hier kam das Prayercareteam (PCT) zum Einsatz. Folgend gingen alle reihenweise und mit einer öligen Stirn zum Pastor vor, die Stühle wurden nach hinten geschoben. Musik spielte. Alle standen mit "Hände hoch" da - ich fühlte mich, als ob der Pastor mit einer Waffe vor uns stand. Bei der vordersten Reihe begann er, jedem einzelnen auf die Stirn zu fassen, mit direktem Augenkontakt. Hinter jedem stand jemand oder zwei vom PCT. Einigen fasste er nur fünf Sekunden an die Stirn, dann ging er weiter. Andere zeigten eine krasse Reaktion - bei diesen blieb er länger. Von Cassie wurde mir erklärt, dass einige zuvor verhext wurden oder einen Demon in sich hätten. Diesen hatten die Beter dann durch den Pastor zu spüren bekommen und begannen wirklich ruckartige Bewegungen zu machen, stürtzten sich teils in die Menschen, begannen sehr laut zu schreien oder stöhnten. Am Schluss lagen sie dann auf dem Boden, teils über fünf Minuten. Immer begleitet vom PCT. Von jemanden der Kirche wurde das gefilmt, jemand anders hatte das Mikrofon hingestreckt. Mehrere vom PCT hatten die Person "in Zaun gehalten". Manchmal reagierten auch Familienmitglieder von solchen, die gerade "am Leiden" waren. Wann ich ehrlich sein darf: für mich war es wie eine Menschenquälerei mit vielen Schaulistigen.

links das PCT, welche die Prayer "auffangen".

Einst wurde eine vom Pastor berührt und diese begann auch zu fuchteln. Sie wollte raus aber der Pastor sagte ihr, dass sie nicht raus könne mit dem Demon an der Tür stände Jesus oder so. Sie springte raus und kurz vor dem Ausgang machte sie 180° kehrt und seckelte schreiend zurück. Gleichzeitig versuchten zwei Männer aus den Ausgang zu gehen - der eine nahm einen 2m-Satz retour und der andere verschrenkte schlagartig die Arme vor sich; beide begannen zu zittern/fuchteln und das PCT hatte viel zu tun. Spannend anzusehen war, dass zur gleichen Zeit kleine Kinder ein und aus gingen, als ob nichts wäre... Es war für mich, als ob ich in einem Film stände. Diese inneren Reaktionen waren so krass und teils gefährlich, dass diese nicht gespielt waren. Ich sehe es jedoch als eine Kopfsache jedermann. Als ich an der Reihe war, schaute ich dem Pastor nur in die Augen und er hatte seine ölige Hand auf meiner öligen Stirn...iuw...von mir kam keine Reaktion. Mir war es aber so mulmig und halb schlecht von diesen halb krepierenden Betern, dem befehlenden Pastor und der lauten Musik, dass ich mich mal hinsetzten musste. Ganz ehrlich; hätte ich es nicht mit eigenen Augen gesehen und ihr hättet mir das so erzählt - ich würde es euch nicht glauben... Zurück zum Gottesdienst. Alle waren nun also gesegnet, enthext, entdemonisiert oder geheilt und der Pastor fuhr mit dem normalen Unterricht weiter. Zum dritten Mal bat er nun das Volk um Geld, wieso hatte ich auch bei den ersten beiden Male nicht verstanden. Er machte noch Werbung für das grosse Cross Over in Johannesburg und es wurde noch ein paar Mal gebetet (sprich alle sprechen sehr laut, teils mit Mikrofon, einige beginnen wieder mit den Reaktionen usw.). Nach vollen sechs Stunden war der Gottesdienst dann zu Ende. Für mich persönlich sechs sehr interessante Stunden. Ich bin froh, bin ich dieses eine Mal gegangen.


...von vielen kommt privat die Frage, ob ich mich unter nur schwarzer Bevölkerung wohl fühle. Meine Antwort: klares ja. Es drehen viele den Kopf zu dir oder sprechen dich viele an mit "hey how are you" oder "hey where are you going", aber es lassen dich praktisch alle in Frieden. Nur einmal in Acornhoek kam ein nerviger Mann, der mich immer wieder berührte und mit mir sprechen wollte - da hatte ich ehrlichgesagt etwas Schiss... Die anderen Schwarzen, welche zu jenem Zeitpunkt dort waren, hatten diesem Mann auf tsonganisch noch gesagt, ich wolle nicht reden er solle mich nicht ansprechen; es wird einem also geholfen --- und ich habe ja immer Cassie an meiner Seite, sie schaut auch gut nach mir. Ich erfuhr dann noch, dass dieser Mann "just out of jail, he still must be weird in brain" sei. Naja, das gibt es halt überall. :)

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