Erlebnisland Baustelle.

》der Genuss ist es, der uns glücklich macht, nicht der Besitz.《    ‘MdM

 

das Dach ist dicht, die Fasade fertig - wir sind im Plan und für einen starken Winter gerüstet.


09/2020 & wieder stand ich vor dem Nichts.

Die Sommersaison in der Küche des Berggasthauses Meglisalp wurde Ende August wegen den Um- und Anbauarbeiten frühzeitig beendet. Mein fertig geplantes Abenteuer, Ende September mit dem Velo in die Niederlande zu fahren, musste ich wegen Covid-19 kurzfristig absagen. Einmal mehr stand ich also vor dem Nichts – ohne Job, ohne Plan, ohne Ziel. Dank einer Kollegin konnte ich zum Glück rasch als Aushilfe im Service in einem Hotelrestaurant einspringen – dies verschaffte mir etwas Zeit, über meine nächsten Schritte nach zu denken. Mit dem Unterzeichnen eines Wintersaisonvertrages in Arosa kam ich trotz Corona einem meiner Träume näher – ich freute mich (trotz Rockpflicht😉) sehr auf die Arbeit an der Rezeption und im Service in einem Skigebiet. Bis die Saison im November begann, bekam ich von der Meglisalp-Familie die einmalige Chance, auf ihrer Baustelle mithelfen zu dürfen. Die Bauarbeiten faszinierten mich schon während der Sommersaison. Die Arbeiten, das Team, die Umgebung, Verpflegung, Stimmung – es war erneut ein so schönes Arbeiten. Ich wusste, dass ich diese einmalige Erfahrung für diese drei Wochen sehr geniessen musste und aber freute mich zugleich auf Arosa. Doch wieder kam alles anders.

 

10/2020 & wieder umdenken.

Der Bund erlies neue Massnahmen. Die generelle Maskenpflicht tritt in Kraft, für die Gastro-Betriebe gab es viele Hygienemassnahmen einzuhalten und auch das private Leben wurde erneut massiv eingeschränkt. In Arosa hätten Begriffe wie «Après-Ski» oder «Stammtisch» wohl nicht mehr existiert. Es war ungewiss, was zu einem späteren Zeitpunkt noch alles schliessen musste. Würden Skigebiete zugehen, hätten wir weniger Gäste. Was soll ich nun tun? Die Saison wäre definitiv nicht mehr so, wie ich es mir erträumt hätte… ich hatte grosse Zweifel, dass mich diese Stelle in Arosa glücklich erhalten würde. Im Gespräch mit meinem Meglisalp-Chef sagte er, ich könne so lange auf dem Bau bleiben, wie ich arbeiten möchte. Ich hatte schliesslich die Wahl zwischen Rock- und Maskenpflicht in Arosa oder Überhosen und Bauarbeiten fern ab im Alpstein. Diejenigen, die mich kennen, wissen, dass mir diese Entscheidung nicht schwergefallen ist.

mit einem Kollegen überhalb der Idylle am Kaffeetrinken.


Bleistift, Meter, Cutter – los!

Ich hatte die grösste Freude, mich in Überhosen als Bauteammitglied der Meglisalp zählen zu dürfen! Aufgrund meinen Bau-Vorkenntnissen (sprich null Komma nichts), dachte ich, dass ich so als «Schrüblibringer», «Handlanger» oder «Leiterhalter» eingesetzt wird. Doch da hatte ich mich vehement verschätzt. Mir wurden die Arbeiten im «vormachen, mitmachen, nachmachen»-Prinzip genau erklärt und ich erledigte die Arbeiten danach selbstständig oder zusammen in einem Team mit Gelernten. Schnell lernte ich die Bauabläufe/-Zusammenhänge kennen und wurde überall eingesetzt, wo eine zusätzliche Hand gebraucht wurde. Diese Möglichkeit, so viele verschiedene Berufe (als Laie) tatkräftig bei Ihren Arbeiten unterstützen zu dürfen, ist nicht selbst verständlich – ich bin wirklich äusserst Dankbar! Wieder kommt es mir sehr entgegen, dass mehr Wert auf den Willen als auf Papierkram gesetzt wird.

bis jetzt meine Lieblingsarbeit.

"äs hebstelet."


Normaler Arbeitstag auf dem Bau:

Morgens um 6.20h klingelt mein Wecker. Mit müden Beinen begebe ich mich ins geheizte Stübli und trinke eine warme Milch, umgeben von ein paar kaffeetrinkenden Büezern. Noch herrscht eine ruhige Stimmung. Danach ziehe ich meine Arbeitsklamotten an – um 7.00h beginnt die Arbeit.

am flexen. 💪🏾

Entweder habe ich vom Vortag noch etwas fertig zu erledigen oder ich werde neu jemandem / einer Arbeit zugeteilt. Ich geniesse es, so vielseitige Arbeiten machen zu können - sei es isolieren, Parkettböden verlegen, Armierungseisen flexen, Aussparrungen zu zu mörteln, spachteln, Wände streichen/grundieren, "täfärä", Badezimmerböden ausgleichen, Decke schiften (gefiel mir bis anhin am Besten), Gerüst abbauen, Material vertragen, «fööben», Plättli legen, und, und, und - an jedem Tag lerne ich etwas Neues dazu und erweitere meinen Horizont.

Isolierarbeiten.

spachteln.

Bereits um 9.00h gibt es z’Nüni; Eingeklemmte und einen Kaffee dazu. Mit dieser Stärkung wird nach einer halben Stunde Pause bis um 12.00h weitergearbeitet, danach gibt’s z’Mittag. Ob ein Steak, Country Cuts, Entrecote, Gemüse, Pasta, Käseknöpfli, Siedwurst, Geschnetzeltes, Rösti, Voressen, Gulasch, Macronen usw. – eine wundervolle stärkende Verkostung, gekrönt mit einem Kaffee. 

Mittagspause. 🙈

Während der Pausen wie auch der Arbeit fehlt es nie an witzigen Momenten, guten Gesprächen oder nettes Beisammensein. Nach einer Stunde Mittagspause geht es weiter bis um 15.30h, dann gibt es «Kaffee & Kuchen». Schliesslich gibt es noch einen Endspurt bis um 19.00h. Ich liebe es, wenn ich am Abend mit schmutzigen Kleidern und Händen, zerzausten Haare, erschöpftem Körper aber vor Freude funkelnden Augen in den Feierabend gehen kann. Wir dinieren und geniessen anschliessend alle zusammen den Feierabend; sei es mit einem Gesellschaftsspiel, Besprechung über die Arbeit oder einfach einer gemütlichen Runde – lustig ist es allemal.

wieder etwas Neues für mich.

Plättli legen auf dem Vorplatz; Blatern vorprogramiert.

Wände streichen.

Neubestreichung der Hausbeschriftung.

die Buchstaben sitzen - der Winter rückt an.

guten Morgen!

Winterwonderland! ❄

Böden legen. 😍

das Ausgleichen der Badböden.

der Liftschacht sitzt. 💪🏾

Ob wir jeweils auf die Alp laufen müssen? Nein, anders als während der Sommersaison, fahren wir je nach Wetterumständen am Montagmorgen mit dem Auto von Wasserauen in den Seealpsee hinein und werden dort mit dem Transportbähnli hochgezogen. Am Freitag Vesper wieder mit dem Bähnli/Auto runter. Es kam auch vor, dass wir mit Schneeschuhen von Wasserauen in den Seealpsee oder umgekehrt laufen durften (obwohl wir gekettelte Pneus hatten war die Fahrt mit dem Auto nicht möglich) – auch das ein Erlebnis für sich, bei funkelndem Schnee durch den Alpstein zu gehen. Je nach Schneeverhältnissen und der Lawinengefahr, werden wir auch mit dem Helikopter Wasserauen-Meglisalp und umgekehrt transportiert. Da dann auf viele Faktoren geschaut werden muss, kam es auch vor, dass wir bereits am Sonntag- oder erst am Montagnachmittag hoch gehen konnten. Am Freitag wird geschaut, ob ein Transport aufgrund der Witterung überhaupt möglich sei. Es kann durchaus vorkommen, dass wir über das Wochenende «festgeschneit» sind und durcharbeiten oder das Wochenende verschoben wird.

 


Wertschätzung – das A & O.

Die ganze Woche weg von Zuhause auf 1520M.ü.M., zehn-Stunden-Tage mit körperlich anspruchsvoller Arbeit, ein reines Männerbauteam – und doch muss ich sagen…ich liebe es! Um keinen Preis würde ich dieses Abenteuer durch Ferien tauschen oder kürzen wollen. Es fühlt sich an, als ob ich für ein geliebtes Hobby entlöhnt werde. In dieser Hinsicht ist nicht der Lohn gemeint, sondern viel eher die grosse Chance, die ich bekommen habe, solch wertvolle Erfahrungen sammeln zu dürfen. Viel wichtiger als das Geld, ist alles andere, was ich auf 1520M.ü.M. bekomme; ein Team, das zur zweiten Familie geworden ist – ‘zig lustige Momente während der Arbeit, den Pausen oder am Feierabend – spannende Gespräche und intensive Diskussionen – köstliche Verpflegung – und eine extrem hohe Wertschätzung. Es ist mein grösster Genuss, unter diesen Bedingungen auf der Meglisalp arbeiten zu dürfen!


Wie geht es weiter?

Das neue Berggasthaus wird in diesem Frühling fertiggebaut, damit es für die Sommersaison 2021 in voller Pracht wieder Gäste empfangen und verpflegen kann. Ich freue mich jetzt schon, wieder zum Küchenteam zählen zu dürfen!

Was ich zwischen dem Bauende und Saisonbeginn mache, weiss ich noch nicht. Es ist schwierig, in dieser Zeit zu planen – deshalb schaue ich spontan, wohin es mich verschlägt oder was ich machen werde. Garantiert aber gibt es auch in diesen Zwischenwochen wieder ein paar Abenteuer. 😊

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